Während unserer Kreuzfahrt mit der Queen Mary 2 von New York nach Hamburg stieß ich beim Studium des täglichen Bordprogramms auf etwas Mysteriöses – einen kleinen Eintrag, der schlicht Friends of Dorothy lautete. Eine Erkärung gab es dazu nicht. Damals wusste ich noch nicht, dass ich einem Wort auf der Spur war, das tief in der Geschichte und Kultur der LGBT-Community verwurzelt ist.
In diesem Artikel werde ich die Bedeutung des Begriffs „Friend of Dorothy“ erforschen, seinen Ursprung aufdecken und zeigen, wie dieser Ausdruck als Codewort diente, um in einer weniger aufgeschlossenen Zeit sichere Räume für LGBT-Menschen zu schaffen.
Bedeutung: Wer sind die „Friends of Dorothy“?
Es gibt viele Theorien darüber, wie und warum der Ausdruck „Friends of Dorothy“ entstanden ist. Die bekannteste und am weitesten verbreitete Theorie führt uns zurück in das glamouröse Hollywood der 1930er Jahre, genauer gesagt zu dem Filmklassiker „Der Zauberer von Oz“, einem Drama, das nicht nur durch seine visuelle Pracht, sondern auch durch die Stars der damaligen Zeit, besonders durch die Schauspielerin Judy Garland, glänzte.
„Friends of Dorothy“ bezieht sich direkt auf Dorothy Gale, die unschuldige und gutherzige Heldin des Films, deren Name untrennbar mit dem Status der Figur als Symbol der Hoffnung und des Zusammenhalts verbunden ist. In der Geschichte freundet sich Dorothy mit einer Reihe von Figuren an, die in der Gesellschaft von Oz als Außenseiter gelten :
- dem herzlosen Blechmann
- dem ängstlichen Löwen und
- der hirnlosen Vogelscheuche.
Es ist diese Reise und die Freundschaft mit diesen Personen, die den Grundstein für den Begriff „Freunde von Dorothy“ legen und in einem System von Gleichgesinnten Ausdruck findet.
Aber warum Judy Garland und „Der Zauberer von Oz“?
Judy Garland ist eine Ikone der (amerikanischen) Schwulenszene. Mit ihrem unvergleichlichen Talent, ihrer verletzlichen Schönheit und ihrem turbulenten Privatleben wurde sie zur perfekten Projektionsfläche für viele Schwule, die sich mit ihrer Darstellung des Außenseitertums und der Suche nach Glück und Akzeptanz identifizieren konnten. Garland und ihre Filmfigur Dorothy Gale wurden zu Symbolen für die Suche nach einer Welt, in der man so akzeptiert wird, wie man ist – etwas, wonach sich viele in der LGBT-Gemeinschaft sehnen.
So wie Dorothy ihre Freunde in Oz fand, suchten schwule Männer ihre eigenen „Friends of Dorothy“ – Menschen, die Verständnis, Akzeptanz und Solidarität anboten, während sie sich in einer oft feindseligen Welt zurechtfinden mussten. Der Begriff wurde so zu einem Codewort, an dem sich Gleichgesinnte in einer Zeit, in der es gefährlich sein konnte, offen über seine Sexualität zu sprechen, sicher erkennen konnten.
Weitere Entwicklung des Begriffs
In einer Welt, die für die LGBT-Gemeinschaft viel offener und akzeptierender geworden ist, stellt sich die Frage, ob der Begriff immer noch dieselbe Bedeutung hat wie früher. Die Antwort ist: Ja – aber auf eine etwas andere Art und Weise.
„Friends of Dorothy“ ist heute kein Codewort mehr. Es ist vielmehr ein Ausdruck der Kultur und Geschichte der LGBT-Gemeinschaft, ein nostalgisches Symbol für die Kämpfe und Errungenschaften der Vergangenheit und ein lebendiges Zeichen für die lebendige und vielfältige Gemeinschaft, die wir heute sind.
Es ist auch eine Erinnerung daran, wie wichtig es ist, Orte zu haben, an denen wir uns sicher und akzeptiert fühlen können, genau wie Dorothy und ihre Freunde in Oz.
„Friends of Dorothy“-Treffen auf Kreuzfahrtschiffen
Einer dieser Orte, die ich selbst erlebt habe, sind die „FoD“-Treffen auf Kreuzfahrtschiffen. Sie dienen als soziale Treffen, an denen LGBT-Reisende und ihre Verbündeten zusammenkommen können, um Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen und gemeinsam Spaß zu haben. Sie sind Orte der Freundschaft, der Akzeptanz und der Feier gemeinsamer Erlebnisse.
Während unserer Atlantiküberquerung auf dem Kreuzfahrtschiff Queen Mary 2 der Reederei Cunard fanden täglich um 12 Uhr Treffen der Freunde im edlen Commodore Club statt. Allerdings muss ich zugeben, dass ich als introvertierter Mann an keinem dieser Meetings teilgenommen habe.
Fazit
Der Weg der „Friends of Dorothy“ von einem diskreten Codewort zu einem Symbol für die Kultur und Geschichte der LGBT-Gemeinschaft zeigt die bemerkenswerten Fortschritte, die wir auf dem Weg zu Akzeptanz und Inklusion gemacht haben. Im Laufe der Jahre haben auch Filmikonen wie Madonna, Cher, Bette Midler und Mae West, die alle als enge Freunde der Gemeinschaft angesehen werden, einen erheblichen Einfluss ausgeübt. Besonders bemerkenswert ist auch der Beitrag der Drag Queens, die durch ihre Performances die Tradition der „Friends of Dorothy“ lebendig halten und feiern. Diese Persönlichkeiten und Figuren haben mit ihrem Status als Vorbilder und Verbündete die Bedeutung von Freundschaft und Unterstützung innerhalb der Gemeinschaft weiter gestärkt.
Auf unserer letzten Ostsee-Kreuzfahrt mit der AIDA (mit Stationen Estland, Russland, Finnland und Schweden) gab es übrigens auch ein Kennenlerntreffen für die schwulen Passagiere an Bord. Dieses wurde jedoch nicht mehr als Geheimwort im Bordprogramm versteckt, sondern ganz offen als Rainbow-Treff der LGBT-Community angekündigt (Lesben haben daran jedoch nicht teilgenommen ;-)).
So ändern sich zum Glück die Zeiten!