Alt werden als schwuler Mann: Abschied nehmen und weiterleben

Älterwerden als schwuler Mann

Manchmal trifft uns die Realität des Lebens mit einer Wucht, mit der wir nicht gerechnet haben. Ein einziger Augenblick, ein einziger Verlust kann ausreichen, um unsere Existenz in ihren Grundfesten zu erschüttern. Diese plötzliche Begegnung mit der Vergänglichkeit hat mich dazu gebracht, über den Lauf der Zeit nachzudenken – nicht nur über die Jahre, die vergangen sind, sondern auch über die, die noch vor mir liegen. Vor allem das Älterwerden als schwuler Mann wirft Fragen auf, die tief in meiner Seele nach Antworten suchen, und lässt mich über die verbleibende Reise nachdenken, die noch vor mir liegt.

Wie ist das Älterwerden als schwuler Mann?

Es gibt Momente, die uns plötzlich die Schwere der Vergänglichkeit spüren lassen. Mit jedem Tag, den wir erleben, häufen sich nicht nur die Erfahrungen, sondern auch die Verluste. Wir sehen, wie sich unsere Umgebung verändert, wie Menschen nicht nur in unser Leben treten, sondern auch immer öfter von uns gehen. Es ist ein stiller, aber unaufhaltsamer Prozess, der uns mit einer schmerzlichen Wahrheit konfrontiert: Nichts ist von Dauer, außer dem Tod.

In diesem Text möchte ich dich mitnehmen auf eine Reise durch meine Gedanken und Gefühle, die uns alle irgendwann einholen, wenn wir uns mit der Vergänglichkeit des Lebens auseinandersetzen. Es ist eine stille Reflexion über das Altern, über das Erinnern und das Akzeptieren der unausweichlichen Veränderungen, die uns prägen und verändern. Wie kann man damit umgehen: Leben und gleichzeitig loslassen?

Die Last der Erinnerungen

Eigentlich kann ich mich glücklich schätzen: Während andere Menschen schon mit 30 oder 40 eine Lebenskrise durchlaufen, begann ich erst mit 46, über die Endlichkeit des Lebens nachzudenken.

Zuvor hatte ich nie ernsthaft über das Älterwerden und den Tod nachgedacht. Ich habe noch nie einen Elternteil, Geschwister oder gute Freunde verloren. Aber dann starb zum ersten Mal ein Onkel von mir. Am offenen Sarg wurde ich mit einer Flut von Erinnerungen konfrontiert. Ein Foto von uns beiden, lachend in einem Freizeitpark, wie wir eine Rutsche hinuntergleiten, flammte in meinem Gedächtnis auf. Jetzt aber stand ich an seinem Grab und fühlte zum ersten Mal die Schwere der Vergänglichkeit.

Wenn ich heute mit meiner kleinen Nichte spiele, kehrt dieser Gedanke zurück. Irgendwann wird auch sie an meinem Grab stehen und sich an unsere gemeinsamen Stunden erinnern. Es ist eine bittere, fast grausame Erkenntnis, dass wir alle zu Erinnerungen werden.

Wandel in der Nachbarschaft

Es ist vor allem ein Gedanke, der mich seitdem immer wieder verfolgt. Vor 14 Jahren kauften mein Mann und ich unser Haus. Damals waren wir Anfang 30, beziehungsweise Anfang 40. Ich hatte gerade erst mein Studium beendet und mich erfolgreich selbständig gemacht. Das Leben ging gerade erst richtig los.

Damals waren wir die Jüngsten in unserer Nachbarschaft. Jetzt, mit Ende 40 und Ende 50, sind wir zwar noch nicht die Ältesten, aber die Dynamik hat sich bereits deutlich verändert. Jüngere Menschen ziehen in die umliegenden Häuser ein. Einige Nachbarn sind verstorben, andere haben sich von ihren Frauen oder Männern getrennt. Die Siedlung, einst ein Refugium für junge Familien, wird nun Zeuge eines stetigen Wandels.

Wenn ich im Garten liege und die Sonnenstrahlen auf meiner Haut spüre, frage ich mich: Wie viele Sommer sind mir hier noch vergönnt? Werden es noch 40 sein? 20? Oder gar nur 10? Diese Unsicherheit nagt an meinem Inneren, während ich versuche, die verbleibenden Jahre bewusst zu genießen.

Angst um den Partner

Ein weiteres Thema, das mich beschäftigt, ist der Altersunterschied zwischen meinem Partner und mir. Er ist zehn Jahre älter und wird in absehbarer Zeit in Rente gehen. Wenn er in meinem Alter oder jünger wäre, würde ich wahrscheinlich weniger über den Tod nachdenken. Doch seine nahende Pensionierung erinnert mich daran, dass unsere gemeinsame Zeit begrenzt ist.

Meine Eltern werden dieses Jahr 80 und über 70, meine Schwiegermutter ist bereits 91 Jahre alt. Obwohl sie alle noch fit sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir in den kommenden Jahren viele Beerdigungen erleben werden, hoch. Diese Gedanken drängen sich auf, je älter wir werden und je näher wir unseren eigenen Enden kommen.

Der Schock der Vergänglichkeit

Vor kurzem erfuhr ich, dass eines meiner ersten Dates verstorben ist. Damals war ich Anfang 20, er war 36. Jetzt, mit Ende 50, erlag er einer plötzlichen Krankheit. Diese Nachricht traf mich hart. Es erinnerte mich daran, wie schnell das Leben vorbei sein kann, unabhängig von unserem Alter oder unseren Plänen.

Viele Menschen, sei es in meinem Bekanntenkreis oder in der Öffentlichkeit, scheinen plötzlich sichtbar alt geworden zu sein. Ob die Corona-Krise dazu beigetragen hat? Vielleicht. Oft habe ich das Gefühl, dass drei Jahre in meiner Erinnerung fehlen.

Doch letztlich ist es die Natur des Lebens, die uns alle einholt. Dieser unvermeidliche Prozess der Alterung konfrontiert uns mit der Realität, dass unsere Zeit begrenzt ist.

Gay Dating und Sexualität im Alter

Eine Sorge kann ich dir jedoch nehmen! Die meisten schwulen Männer gruseln sich vor dem Alter, weil sie befürchten, nicht mehr attraktiv zu sein und keine Sexualpartner mehr zu finden. Diese Sorge ist aus eigener Erfahrung aber völlig unbegründet.

Je älter ich werde, desto mehr Anfragen bekomme ich auf Gayromeo und Grindr von jüngeren Kerlen. Mein Mann kann sich mit Ende 50 vor Anfragen von jungen Typen Anfang 20 kaum retten. Sie alle wollen es von einem reifen Daddy besorgt kriegen. Wahrscheinlich hat er ein aufregenderes Sexleben als alle Fitness-Influencer mit Sixpack in ihren Zwanzigern.

Den Jugendwahn, von dem in den Medien immer die Rede ist, kann ich nicht bestätigen. Wahrscheinlich schämen sich viele Schwule einfach, auf ältere Männer zu stehen. In Wirklichkeit stehen mehr Gays auf graue Haare, Halbglatzen und Bierbäuche, als man denkt!

Reflexion und Akzeptanz

Nicht nur für schwule Männer ist es eine Herausforderung, die Gedanken an den Tod zu akzeptieren und trotzdem im Hier und Jetzt zu leben. Doch genau das ist die Kunst des Alterns – den Moment zu schätzen, ohne von der Zukunft überwältigt zu werden. Ich versuche, jeden Tag bewusst zu leben, die kleinen Freuden zu genießen und die Zeit, die ich mit meinen Lieben habe, zu schätzen.

Das Älterwerden als schwuler Mann bringt seine eigenen Herausforderungen und Schönheiten mit sich. Es erinnert uns daran, dass jeder Moment kostbar ist und dass wir, unabhängig von unserer sexuellen Orientierung, alle die gleiche Reise teilen – die Reise durch das Leben, mit all seinen Höhen und Tiefen, Freuden und Schmerzen.

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